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«Öpis verändere»

Das Theater Kanton Zürich ist ein mobiles Ensembletheater. Es zeigt seine Stücke einerseits an seinem Sitz in Winterthur, ist aber vor allem an externen Spielorten im Kanton, schweizweit an Gastspielhäusern oder sogar unter freiem Himmel unterwegs. Und nicht zuletzt: im Klassenzimmer oder in der Aula einer Schule.

12. Dezember 2022

Chris schnappt sich sein Handy und verlässt überraschend das Klassenzimmer einer 3. Klasse einer Kantonsschule, irgendwo im Kanton Zürich. Ratlos schauen sich Schüler*innen und Klassenlehrperson an. «Ich glaube, wir brauchen zuerst alle einmal fünf Minuten Pause, bevor wir wieder weitermachen», konstatiert die Lehrperson daraufhin, was Stühlerücken und ein quirliges Stimmengewirr zur Folge hat. «Sie, isch dä Chris würkli ihrä ehemaligi Schüeler?», ruft plötzlich die Stimme einer Schülerin nach vorne. Die Lehrperson nickt.

Doch Chris heisst eigentlich Mirza Šakić, ist von Beruf Schauspieler und hat gerade eine Vorstellung des Klassenzimmerstücks «Paul*» gespielt, das von Eva Rottmann geschrieben und von Klaus Hemmerle am Theater Kanton Zürich inszeniert worden ist. Das Stück setzt sich mit der Geschlechtsidentität eines jungen Menschen auseinander, für den das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht falsch ist. Dabei werden die Jugendlichen herausgefordert, über die eigene Identität, die Liebe und den respektvollen Umgang nachzudenken.

Die Besonderheit dieses Theaterstückes ist, dass es direkt im Klassenzimmer der jeweiligen Klasse stattfindet und dadurch die Schüler*innen sofort in seinen Bann zieht. Begleitet wird das Stück durch die Theaterpädagogin Carola Berendts, die bei allen Vorstellungen mit dabei ist und direkt im Anschluss – mal eher spielerisch, mal über einen diskursiven Ansatz – zusammen mit den Schüler*innen die unterschiedlichen Themen aufgreift und vertieft. Dabei werden nicht nur Fragen zum Stück oder Fragen zur Inszenierung, sondern auch die Hauptthemen besprochen.

Aktuelle Themen und Klassiker

Neben den Klassenzimmerstücken «Paul*» und «Die Eisbärin» zu Mobbing und SocialMedia bietet das Theater Kanton Zürich den Besuch von grösseren Aufführungen an – sei es in Winterthur am Theater selbst oder an anderen Orten im Kanton. Für Schulen besteht zudem die Möglichkeit, dank eines sogenannten «Schulrabatts», ein Theaterstück verbilligt ins Schulhaus zu holen. Zusätzlich beteiligt sich Schule+Kultur bei «Theater im Schulhaus» mit 30 bis 50 Prozent an den Kosten. Damit wird die Aufführung für Schulen erschwinglich. Und ist das Theater Kanton Zürich einmal losgelassen, dann rollt es mit seinem Lastwagen an, lädt Bühnenbild sowie Technik aus und installiert sich in der Aula oder einer Turnhalle. Da kommt Theaterfeeling auf.

Beliebt sind die speziell für junge Menschen inszenierten Produktionen des Jungen TZ zu aktuellen Themen. «No Planet B» setzt sich beispielsweise mit dem Klimaschutz und dessen Geschichte auseinander. Gefragt sind auch Klassiker wie das soeben zur Premiere gebrachte Stück «Andorra» von Max Frisch oder das Freilichttheater, das jeweils im Sommer durch den Kanton tourt und dabei auf dem Dorfplatz oder der Wiese einer Badi Halt macht. Kommenden Sommer wird dies «Kapitän Kap Verde» von Voltaire sein.

Selber aktiv werden

Schüler*innen profitieren erfahrungsgemäss besonders dann von Theater, wenn dieses in Kombination mit einem Vermittlungsformat erfolgt. Aus diesem Grund ist das Theater Kanton Zürich nochmals zurück in jener 3. Kantiklasse, von der zu Beginn die Rede war. «Freeze», ruft Carola Berendts, während alle Schüler*innen auf der Stelle «einfrieren» und, wie vorgängig besprochen, eine Pose zu einer der Figuren einnehmen. Theater macht Carola Berendts am meisten Spass, wenn die Teilnehmenden in Bewegung kommen und ein Raum vielseitig genutzt werden kann, weil es beispielsweise kaum Stühle oder Bänke hat.

Und was sagen die Schüler*innen der 3. Klasse zum eben erlebten Klassenzimmerstück? «D Gschicht vom Chris isch äs mega wichtigs Thema. Bi wäm söll das Theaterstück dänn süsch gspielt werdä, wänn nöd bi üs? Mir sind die zuekünftigi Generation und mir chönd öpis ändere.»

Theater als Impulsgeber

Was für ein Kompliment, wenn Theater es schafft, dass junge Menschen sich mit ihrer Umwelt auseinandersetzen und sich überlegen, wie sie diese verbessern können. Damit leistet das Theater Kanton Zürich einen Beitrag zur Teilhabe und Partizipation. Beides sind wichtige Pfeiler, auf denen unsere Gesellschaft aufbaut.

Schule+Kultur der Bildungsdirektion Kanton Zürich öffnet Schüler*innen die Tür zu den vielfältigen Formen von Kunst und Kultur, indem sie Schulen finanziell unterstützte Veranstaltungen anbietet. In der Rubrik «Blitzlichter» erscheinen regelmässig Artikel zu aktuellen Angeboten sowie Hintergrundberichte aus der Welt von Schule+Kultur.
www.schuleundkultur.zh.ch