Blick über den Tellerrand: was Schulen bewegt
Schulen stehen selten still. Sie spiegeln gesellschaftliche Entwicklungen wider, von technologischen Umbrüchen bis zu Klimafolgen. Wer den Blick über den Tellerrand wagt, hinaus von den Zürcher Gymnasien zu anderen Schulen in der Schweiz und Europa, erkennt: Alle stehen vor ähnlichen Fragen.
18. August 2025
Einschränkungen von Smartphones und KI-Debatten
In der Schweiz wird derzeit besonders über den Umgang mit Smartphones gestritten. Im Kanton Nidwalden sind ab dem Schuljahr 2025/2026 Smartphones, Tablets und Laptops auf dem Schulgelände verboten, abgesehen vom gezielten Einsatz im Unterricht oder bei Notfällen. Der Kanton Aargau hat ähnliche Regelungen erlassen, ebenso die Gemeinde Köniz im Kanton Bern. Erste Rückmeldungen von Lehrpersonen und Eltern sind positiv: mehr Aufmerksamkeit im Unterricht, lebendigere Pausen und weniger Konflikte.
Doch nicht alle sind überzeugt. Der Dachverband der Schweizer Lehrpersonen (LCH) lehnt generelle Verbote ab und plädiert für stufengerechte, gemeinsam entwickelte Regeln mit Fokus auf Medienkompetenzen. Umfragen zeigen zudem, dass nur eine Minderheit der Schulleitungen ein vollständiges Verbot unterstützt.
Parallel dazu wächst die Diskussion um den Einsatz Künstlicher Intelligenz im Unterricht. Während Länder wie China sehr offensiv KI in die Bildung integrieren, geht die Schweiz vorsichtig vor. Im Lehrplan 21 ist KI bislang nur indirekt verankert, doch einzelne Kantone wie Zürich wollen schon im Primarschulalter Grundlagenkompetenzen vermitteln, allerdings ohne direkte Toolnutzung. Auf der Sekundarstufe II hingegen ist der reflektierte Einsatz von KI bereits im Rahmenlehrplan vorgesehen. Verschiedene Schulen haben Fortbildungen durchgeführt, Zitierregeln für Maturitätsarbeiten angepasst und Kommissionen zur Begleitung eingerichtet.
Schweden wiederum geht den umgekehrten Weg. Als Vorreiter im digitalen Unterricht sollen junge Schulkinder künftig vermehrt wieder klassische Lernmethoden wie Handschrift, gedruckte Bücher und ruhige Leseförderung nutzen. Dies ist Teil einer Reaktion auf negative Folgen mangelnder Grundkompetenzen durch übermässigen Tablet-Einsatz. Ziel ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen digital und analog.
Die psychische Gesundheit beschäftigt Schulen auf allen Stufen
Ein weiteres zentrales Thema: die psychische Gesundheit von Schülerinnen und Schülern. Organisationen wie Pro Juventute verzeichnen in den letzten Jahren einen deutlichen Anstieg an Beratungsgesprächen, im Schnitt acht- bis neunmal täglich mit Jugendlichen in Not. In der Pro-Juventute-Jugendstudie wird betont, dass die Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 24 Jahren mit einem Anteil von 29 Prozent am stärksten von depressiven Symptomatiken betroffen waren. Auch wenn der Schulstress nicht die einzige Ursache ist, stehen Prüfungen und Leistungsdruck bei den Umfragen ganz oben.
In verschiedenen EU-Ländern läuft ein Projekt, das Gesundheit als festen Bestandteil des Schulalltags verankert mit Schools4Health-Initiativen; Ernährung, körperliches Wohlbefinden und psychische Stabilität sollen zur Kernaufgabe werden. Länder wie Spanien, Ungarn, Slowenien und Rumänien entwickeln lokale Konzepte – mit Flexibilität und schulautonomer Umsetzung.
In Europa sind Hitzewellen, ungleiche Startbedingungen und Lehrpersonenmangel dominierende Themen in den Medien
Eine extreme Hitzewelle zwingt viele Schulen in Südeuropa zur Improvisation. Temperaturen von bis zu 46 °C führten in Frankreich zur Schliessung von mehr als 1300 Schulen – oft wegen fehlender Klimatisierung. In Deutschland klagen Lehrkräfte über schlecht belüftete Klassenräume und fordern kurzfristige Schutzmassnahmen.
Die Frage nach klimafesten Schulgebäuden wird politisch: In Frankreich wird über grossflächige Investitionen in nachhaltige Kühltechnologien diskutiert, während Kritiker ebenfalls vor höherem Energieverbrauch warnen. In einem Interview vom 14. August 2025 fordert Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin des Schweizer Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer , dass die Kantone Schulhäuser neu mit Lüftungen und Klimaanlagen ausstatten. In vielen Gemeinden fehlt das Geld oder der Wille dazu, doch auch hierzulande werden die Hitzetage zunehmen.
Auch die wachsende Kluft durch sozioökonomische Faktoren nimmt in vielen europäischen Ländern zu. Wohlhabende und benachteiligte Kinder starten immer ungleicher, besonders in Frankreich und Deutschland, gemäss PISA-Daten der verschiedenen Länder. Daneben sind in verschiedenen Ländern Lehrkräftemangel sowie tiefe Löhne oder unattraktive Arbeitsbedingungen Thema.
Gemeinsame Herausforderungen, unterschiedliche Wege
Einschränkungen von Smartphones und KI-Debatten, psychischer Gesundheit und der Umgang mit Hitzewellen beschäftigen nicht nur die Zürcher Mittelschulen, sondern auch die Schulen in der Schweiz und Europa. Über den Tellerrand zu schauen lohnt sich: Denn oft sind die Herausforderungen ähnlich und die Antworten darauf so vielfältig wie die Schulen und Länder selbst.
Quellen
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