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Warum heute Lehrperson werden?

Was macht eine gute Lehrperson aus? Gibt es die Lehrer*innen-Persönlichkeit? Wie wird sich der Beruf künftig weiterentwickeln? Diese und weitere Fragen wurden am Online-Event der Zürcher Mittelschulen, der UZH, ETH und des MBA diskutiert.

2. Februar 2022

Das Interesse war gross. Rund 443 Personen haben sich vorletzte Woche am virtuellen Anlass zum Thema Lehrberuf und Lehrdiplom zugeschaltet. «Maturitätslehrpersonen haben einen sehr spannenden, vielseitigen, aber auch anspruchsvollen Beruf», begrüsste Dominik Petko die Teilnehmenden des Podiums «Warum heute Lehrperson werden?».

Der Direktor des Lehrdiplomstudiums der Universität Zürich führte weiter aus, dass Lehrer*innen nicht nur Fachinhalte vermitteln, sondern ebenso überfachliche Kompetenzen fördern und gemeinsam mit Kolleg*innen die Weiterentwicklung ihrer Schule und des ganzen Schulwesens vorantreiben. «Wenn Sie das alles interessiert, dann sind Sie bei uns genau richtig!», schloss er.

Kurzweiliges Podium

Bevor es in fachdidaktischen Breakout-Sessions ins Detail ging, erfolgte als Auftakt ein Podium mit folgenden Vertreter*innen der Schulen, der UZH und ETH sowie des MBA.

  • Urs Bamert, Gründungsrektor der Kantonsschule Zimmerberg, Lehrer für Biologie
  • Nicole Mosberger, Leiterin Mittelschulen, Mittelschul- und Berufsbildungsamt des Kantons Zürich
  • Elsbeth Stern, Professorin für Lehr- und Lernforschung an der ETH Zürich, Studiendirektorin der didaktischen Ausbildung der ETH Zürich
  • Cheyenne La Marr, Studentin Lehrdiplom für Maturitätsschulen UZH und Lehrbeauftragte für Englisch an der KS Hohe Promenade

Dominic Bretscher, Lehrperson für Deutsch am Liceo Artistico, moderierte die Runde, bei der aktuelle Fragen rund um den Lehrberuf und das Lehrdiplom diskutiert wurden. Im Folgenden die schönsten Zitate aus der Diskussion. Sie wurden redaktionell zum Teil gekürzt oder zur besseren Verständlichkeit leicht angepasst.

Was gute Lehrer*innen ausmacht

Die Motivation der Lehrperson und ihre Stellung zu ihrem Fach ist enorm bedeutsam. Wenn ich mein Fach nicht mag, merken das die Schüler*innen sofort. Als Lehrperson muss ich für mein Fach brennen, dann komme ich bei den Schüler*innen schon relativ gut an. Urs Bamert 

«Früher galt die Auffassung ‹Als gute Lehrperson wird man geboren. Das kann man nicht lernen.› Das stimmt natürlich überhaupt nicht. Die meisten Dinge muss man lernen, damit man später kompetent in der Klasse agieren kann. Dazu gehören fachdidaktisches Wissen und Reflexionswissens über menschliches Lernen. Jenseits dessen kann eine gute Lehrperson introvertiert oder extravertiert sein. Die Lehrer-Persönlichkeit gibt es nicht.»
Elsbeth Stern auf die Frage, was man lernen kann und was man als Lehrer*in bereits mitbringen muss
 

Es braucht eine gewisse Agilität, um die Lebenswelt der Jugendlichen nicht aus den Augen zu verlieren und diese dann aktiv im Unterricht zu integrieren. Nicole Mosberger über die Wichtigkeit von Agilität

«Man kann die Anforderungen an Mittelschullehrpersonen in vier Säulen zusammenfassen. Die zentrale Säule ist die Menschlichkeit: Arbeite ich gerne mit Kindern und Jugendlichen zusammen? Hinzu kommt, dass die Lehrperson eine gewisse Führungsfunktion als Fach- und Klassenlehrer*in aufweisen muss. Die zweite Säule ist die Fachlichkeit. Ein Master der Universität oder ETH sollte ein Garant dafür sein. Die dritte Säule beinhaltet didaktische und methodische Kompetenzen, die man in der Fachdidaktik erlernt. Die letzte Säule umfasst Diverses: Bin ich kompetent im Digitalen? Bin ich teamfähig? Als Lehrperson betreibt man nämlich auch Schulentwicklung. Diese findet im Team statt, was enorm wichtig ist, und hat eine Riesenauswirkung auf eine gute Schulkultur.»

Urs Bamert auf die Frage, welche Erwartungen ein Schulleiter an Lehrpersonen hat, die sich bei ihm bewerben

Lehrer*innen müssen Spass daran haben, das Fach zu vermitteln. Man darf nicht denken – wie das in der Mathematik schon mal vorkommt –, dass das Fach nur für ganz Wenige etwas ist und die anderen das nicht lernen können.

Elsbeth Stern über die Freude am Lehren

Wieso Lehrperson werden?

«Das Schönste am Job ist, dass die Jugendlichen ein Potenzial und eine Energie in sich tragen, und wenn man es schafft, die richtigen Knöpfe zu drücken und dies Energie freisetzt, dann ist das super.»
Nicole Mosberger

Weil es der schönste Beruf ist, den man sich vorstellen kann. Auch in meinem Alter noch.

Urs Bamert

«Ich arbeite sehr gerne mit Kindern und Jugendlichen zusammen. Ich habe das Gefühl, man kann immer von ihnen lernen. Was mir am Beruf besonders gefällt, ist, dass man nicht neun Stunden am Tag alleine vor dem Computer sitzt, sondern immer den Austausch mit Kolleg*innen und natürlich mit den Schüler*innen hat.» 
Cheyenne La Marr

«Weil es sehr viel Spass macht, anderen Menschen etwas beizubringen und sie voranzubringen. Das ist ein Grundmotiv beim Menschen. Es gibt wenige Dinge, die so befriedigend sind, wie Menschen beim Lernen zu unterstützen.»

Elsbeth Stern

Über die Zukunft des Lehrberufs

«Wir leben in einer sehr schnelllebigen Zeit, in der noch und nöcher Veränderungen anstehen. Das erfordert von den Lehrpersonen eine gewisse Agilität. Sie müssen sich über den Tellerrand hinaus engagieren. Nicht nur das Fachwissen und die Schüler*innen sollen im Zentrum stehen, sondern auch die Institution Schule soll zeitgemäss weiterentwickelt werden.»
Nicole Mosberger über die Wichtigkeit der Schulentwicklung

«Computer sind Werkzeuge, die oft sehr hilfreich sind. Von der Vorstellung, dass eine schlechte Lehrperson mit einem Computer besseren Unterricht gibt, muss man sich verabschieden. Die Auffassung, dass Computer irgendwann Lehrer*innen ersetzen ist absurd. Das spontane Gespräch bleibt sehr wichtig.»

Elsbeth Stern auf die Frage nach der Digitalität im Unterricht