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Der schönste Beruf der Welt

Gibt es einen schöneren Beruf als den Lehrberuf? Nein – da sind sich ganz viele Lehrpersonen sicher. Bereichernd, sinnstiftend und herausfordernd sei er, sagen sie. Fünf Lehrpersonen erzählen hier etwas ausführlicher, weshalb sie diesen Beruf gewählt haben und was sie daran begeistert.

16. Juni 2020

«Während meines ganzen Werdegangs habe ich nicht einmal an meiner Entscheidung und der Berufswahl gezweifelt – bis heute nicht!»

«Ich wollte schon als Teenager Lehrerin werden. Ich wusste einfach, dass mir der Beruf Spass machen würde und ich hatte das Gefühl, dass ich eine gute Lehrerin abgeben würde. Mich beeindruckte, welch wichtige Rolle Lehrpersonen für Jugendliche spielen können. So auch bei mir: Einige Lehrerinnen und Lehrer haben mich weit über das Fachliche hinaus unterstützt und waren enorm engagiert.

Das Schönste an meinem Beruf ist die Arbeit und der Austausch mit den jungen Menschen. Sie sind so frisch, kreativ, offen, inspirierend, zuweilen auch frech und herausfordernd. Es ist immer wieder unglaublich schön, wenn ich den Jugendlichen nach vier Jahren Begleitung das Maturitätszeugnis in die Hand drücken kann und weiss, dass ich ihnen etwas auf den Weg geben konnte. Mit vielen ehemaligen Schüler*innen stehe ich noch heute in Kontakt.

Mein Beruf setzt voraus, dass ich Jugendliche wirklich mag – mit allem, was dazu gehört. Die Auseinandersetzung mit Menschen darf man nicht scheuen, man muss Herausforderungen lieben, offen, authentisch und humorvoll sein. Man muss brennen für den Beruf und natürlich auch für sein Fach.»

Valeria Soriani, Deutsch und Kunstgeschichte, Kantonsschule Enge

«Es begeistert mich immer wieder, wie stark sich Jugendliche in vier Jahren Gymnasium entwickeln.»

«Ich kam über Umwege zum Lehrberuf. Zwar schwirrte die Idee, Lehrer zu werden, schon im Gymnasium in meinem Kopf herum. Da in meiner deutschen Heimat das Lehramt jedoch ein eigenständiges Studium ist, ich mich aber noch nicht auf einen Beruf festlegen wollte, studierte ich zunächst Informatik auf Diplom. Später kam ich wegen einer Assistenzstelle an der ETH in die Schweiz. Dort wurde ich auf das Lehrdiplom aufmerksam und mein ursprünglicher Berufswunsch erwachte wieder.

Als Jugendlicher gab ich jüngeren Leuten Nachhilfe, leistete Zivildienst in einer Sonderschule und unterrichtete auch während dem Studium und Doktorat. Damals wie heute empfinde ich das Vermitteln von Wissen als sinnstiftend.

Natürlich bringt der Beruf auch so seine Herausforderungen mit sich: Im Klassenzimmer etwa muss man gleichzeitig den Stoff im Auge behalten, die einzelnen Schüler*innen und die Klasse insgesamt. Dabei helfen uns Lehrpersonen u.a. unsere Fachkompetenz, das Interesse an den Jugendlichen und die Bereitschaft, die Klasse durch den Lernprozess zu führen. Wenn wir unsere Schüler*innen an der Maturfeier als selbstverantwortliche Erwachsene ins Leben nach der Schule entlassen, erfüllt mich das mit Stolz und Zufriedenheit.»

Jens Maue, Informatik, MNG Rämibühl

«Als Lehrer bin ich ein Fensteröffner.»

«In ihrer Netflix-Sendung sagt die Autorin Fran Lebowitz: ‹Ein Buch sollte kein Spiegel sein, sondern ein Fenster.› Bevor ich zum Fensteröffner für meine Schüler*innen wurde, studierte ich Germanistik und Filmwissenschaften und arbeitete nebenbei als Journalist und Pianist an irgendwelchen Apéros.

Heute bin ich Lehrer am Liceo Artistico, wo die Beschäftigung mit Kunst, Film, Musik, Theater und Literatur etwas Selbstverständliches ist. Nie fragen die Jugendlichen, was ihnen die Lektüre eines Romans oder ein Gedicht ‹später einmal bringen wird›
 – obwohl sich dieser Lernerfolg nicht mit Daten messen lässt.

Als Lehrperson muss man bereit sein, sich zu hinterfragen, immer wieder zu überlegen, ob der eigene Weg der Wissensvermittlung der richtige ist. Zudem braucht es eine glühende Leidenschaft für das eigene Fach und dessen Inhalte. Dann öffnen sich die Fenster – und das nicht nur, um die Aerosole rauszublasen.»

Dominic Bretscher, Deutsch und Filmanalyse, Liceo Artistico Zürich

«Als Lehrerin zweifelt man manchmal, entwickelt sich laufend weiter, gibt viel und bekommt noch mehr zurück – kurz: ein erfüllender Beruf.»

«Schon in der Primarschule half ich den anderen Kindern mit dem Stoff, in der Mittelschule gab ich Nachhilfe in Mathe und Chemie. Es machte mir Spass, etwas zu erklären. Später studierte ich Wirtschaft an der HSG, dort kann man parallel zum Studium die Lehrpersonenausbildung machen. Nach der Uni verschlug es mich in eine Strategieberatung und in eine Privatklinik, danach habe ich mich für den Lehrberuf entschieden. Hier habe ich das erfüllende Gefühl, einen sinnvollen Beitrag zu leisten.

Als Lehrerin versuche ich, die Jugendlichen zum kritischen Denken anzuregen. Ich behandle in meinem Unterricht gerne aktuelle gesellschaftliche Themen und beziehe auch ethische Aspekte mit ein. Wenn meine Schüler*innen den Status Quo hinterfragen und auf einem fachlichen Niveau beispielsweise über Anreize für Umweltschutz diskutieren, dann sehe ich, dass sich mein Engagement lohnt.

Das folgende Erlebnis war besonders schön: Die Schüler*innen durften für einen Vortrag selber ein volkswirtschaftliches Thema wählen. Sie befassten sich mit Themen wie «Zukunft der Altenpflege der Schweiz», «soll es Mindestlöhne geben» und «gratis ÖV», beurteilten diese kritisch und zogen eigene, spannende Schlussfolgerungen, bei denen ökonomische und soziale Aspekte eine Rolle spielten.

Solche Momente, gepaart mit den guten Rahmenbedingungen für Lehrpersonen, bestätigen mich in meiner Berufswahl immer wieder.»

Claudia Frei, Wirtschaft und Recht, Kantonsschule Zürcher Unterland

«Für mich gibt es in meinem Berufsleben nichts Wichtigeres als meine Schülerinnen und Schüler.»

«Mein Mittelstufenlehrer hat mich von allen Lehrpersonen am tiefsten beeindruckt. Ich habe ihn verehrt, obwohl er sehr streng war. Als ich gemobbt wurde, nahm er sich Zeit für persönliche Gespräche mit mir. Und so halte ich das heute auch mit meinen Schüler*innen: Ich habe immer ein offenes Ohr für ihre Anliegen.

Ich wollte schon in der Primarschule Lehrer werden, bestand aber die Gymiprüfung nicht. So absolvierte ich die Handelsschule, arbeitete bei der Stadt Zürich, ging an die KME und machte dann die Primarlehrerausbildung. Später folgten ein Studium und die Ausbildung zum Mittelschullehrer.

Das Schönste an meinem Beruf ist die Auseinandersetzung mit den jungen Menschen – sei es das gemeinsame Nachdenken über tiefsinnige Fragen oder Erlebnisse wie der Besuch des Louvre mit meiner letzten Maturaklasse.

Als Lehrer muss man die jungen Menschen lieben, trotz pubertätsbedingten Schwierigkeiten. Man muss über die Schwächen der Schüler*innen schmunzeln können und über sich selber lachen. Kurz: Lehrer darf nur werden, wer die Menschen liebt. Und das tue ich definitiv.»

Reto Bonifazi, Deutsch und Kunstgeschichte, Kantonsschule Enge