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Die Welt auf der grossen Leinwand

Während Theaterbesuche im Rahmen des Schulunterrichts bereits eine lange Tradition haben, ist der Film noch immer eine relativ junge Disziplin in der Kulturvermittlung. Weshalb es sich lohnt, mit der Klasse ins Kino zu gehen und was die Zürcher Film-Landschaft für die Mittelschulen alles zu bieten hat.

14. Oktober 2022

Welches ist der erste Film, den du im Kino gesehen hast? Oder: Gibt es ein Kinoerlebnis, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist? Yvonne Augustin, verantwortlich für das Schulprogramm am Zurich Film Festival, weiss es selber noch ganz genau: «Mein erster Kinofilm war ‹Das Dschungelbuch›. Die Filme, die ich auf der grossen Leinwand sehe, bleiben mir noch heute einfach stärker in Erinnerung. Das ist auch der Grund, weshalb wir uns beim ZFF für das Kino als Ort cineastischer Erfahrung und Begegnung stark machen.» In einer Zeit, in der Algorithmen unser Verhalten beeinflussen, sei der Zugang zu einem vielseitigen kulturellen Angebot besonders wichtig.

Filmbildung – eine unterschätzte Disziplin?

Der Film als Hilfsmedium zur Vermittlung von Unterrichtsthemen ist in der Schule zwar seit Jahrzehnten etabliert, die eigentliche Filmbildung geht jedoch darüber hinaus. Diese verfolgt im Wesentlichen zwei Ansätze: Einerseits geht es um die medienpädagogische Herangehensweise wie die kritische Reflexion und Einordnung von bewegten Bildern, andererseits um die Vermittlung des Film als Kunstform. Der zweite Ansatz scheint – im Gegensatz zu anderen Kunstformen – erst in den letzten Jahren den Weg in die Schule gefunden zu haben.

André Grieder, Kulturjournalist und ehemaliger Leiter von Schule+Kultur, beschrieb das geringe Interesse an der Filmbildung vor fünf Jahren im Zürcher Schulblatt folgendermassen: «Der Film hat das Problem, dass er nicht in erster Linie als Kunstform gesehen wird. Man sieht darin reine Unterhaltung (…) Und anders als bei anderen Kunstformen – Theater oder bildende Kunst – muss man die Jugendlichen vermeintlich auch nicht an den Film heranführen, weil sie ohnehin täglich damit konfrontiert sind.» Der Film biete aber sehr wohl viele Optionen der Analyse und Einordnung, könne ausserdem überraschende neue Sichtweisen auf die Welt eröffnen und dabei helfen, gesellschaftliche oder politische Phänomene besser zu verstehen.

Angesichts unserer täglichen Bilderflut fördert die bewusste Betrachtung eines ausgewählten Films auch wieder ein Bewusstsein für Qualität. Diese manifestiert sich freilich nicht nur im Kino. Qualitativ hochstehende Filmproduktionen gibt es auch im Fernsehen, auf Netflix oder Youtube. Dass man Filme auch in der Schule, zuhause oder unterwegs schauen kann, sei aber niemals mit der kollektiven Seh-Erfahrung im Kino vergleichbar, meint Yvonne Augustin. Sie weist auch auf den Mehrwert hin, der die anschliessenden Filmgespräche mit internationalen Gästen am ZFF bietet: «Wo sonst gibt es die Gelegenheit, gleich nach dem Schauen eines Films dessen Macher*innen mit Fragen zu löchern?»

Ein Filmfestival jagt das nächste

Zahlreiche Filmfestivals haben – wie das ZFF – ein attraktives Filmprogramm für Schulklassen zusammengestellt. Der Filmfestival-Kalender von Schule+Kultur ist entsprechend gut gefüllt: Im November finden die Kurzfilmtage Winterthur, das International Arab Film Festival und Films for Future, das sich mit Umwelt und Nachhaltigkeit beschäftigt, statt. Im Dezember ist das Human Rights Film Festival platziert und in die erste Jahreshälfte 2023 fallen das jüdische Filmfestival yesh! sowie die Schweizer Jugendfilmtage. Letztere veranstalten jedes Jahr den grössten nationalen Wettbewerb für Nachwuchsfilmer*innen und junge Filmbegeisterte – und das seit 1976.

Neben den Filmfestivals organisiert der Verein Kinokultur für die Schule während dem ganzen Jahr Vorstellungen aktueller, wertvoller Filme in verschiedenen Kinos im Kanton Zürich. Wer sich in die Filmanalyse und -geschichte vertiefen möchte, wendet sich am besten an Thomas Binotto. In seinen Filmlesungen geht er unter anderem den Fragen nach, weshalb uns Superhelden faszinieren, welche Macht Bilder auf uns ausüben und wieso Träume und Filme seelenverwandt sind.

Fazit: Filme gegen das «Gerümpel im Kopf»

Ein guter Film eröffnet neue Perspektiven und Einblicke, bietet Stoff für gute Diskussionen und ist ganz allgemein gut gegen das «Gerümpel im Kopf». Der Kinobesuch ist weit mehr als bloss ein Zückerli vor den Ferien – auch wenn die zugegebenermassen äusserst bequemen Kinosessel leicht diesen Anschein erwecken lassen.

Die nächsten Filmfestivals im Angebot von Schule+Kultur:
Kurzfilmtage Winterthur (Nov), Arab Film Festival (Nov), Films for Future (Nov), Human Rights Film Festival (Dez)  

Alle Angebote im Bereich Film
(Aktuelle Kinofilme, Festivals, Filmworkshops)

Schule+Kultur der Bildungsdirektion Kanton Zürich öffnet Schüler*innen die Tür zu den vielfältigen Formen von Kunst und Kultur, indem sie Schulen finanziell unterstützte Veranstaltungen anbietet. In der Rubrik «Blitzlichter» erscheinen regelmässig Artikel zu aktuellen Angeboten sowie Hintergrundberichte aus der Welt von Schule+Kultur.
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